Informationen zum MERS-Coronavirus

Middle East Respiratory Syndrome (MERS)

Das MERS-Coronavirus ist ein in Kamelpopulationen seit Jahrzehnten nachweisbares Coronavirus, welches seit 2012 als Auslöser einer humanpathogenen zoonotischen Infektion beschrieben ist. Mögliche Komplikation sind z.B. ARDS und/oder MODS. Insgesamt ist die gegenwärtige Evidenzlage noch limitiert.
Es handelt sich hierbei um einen BSL 3 Erreger.

Basisdaten:

  • Erreger:

    Middle east respiratory syndrome-related coronavirus =
    MERS coronavirus
    (MERS-CoV)

  • Taxonomie:

    Gruppe: IV [(+)ssRNA], Ordnung: Nidovirales, Familie: Coronaviridae, Genus: Betacoronavirus

  • Reservoir:

    Vermutlich Dromedare (Camelus dromedarius) und Fledertiere

  • Übertragung:

    Aerogen,
    Tröpfcheninfektion,
    nosokomial,
    Kontaktinfektion (inkl. Kontakt zu infizierten Tieren / Menschen),
    Ingestion (z.B. Kamel-Rohmilchprodukte)

  • Inkubationszeit:

    Etwa 2 bis 16 Tage (oft 5 bis 14 Tage)

Klinisches Bild:

Es besteht der Verdacht auf mögliche asymptomatische Infektionen oder unspezifische Erkrankungen.
Klinisch zeigen sich initial oft unspezifische Zytokinsymptome (z.B. Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerz), Atemwegssymptome (z.B. Husten, Dyspnoe) und/oder gastrointestinale Symptome.
Im weiteren Verlauf mögliche Komplikation durch atypische Pneumonie (bis hin zum ARDS), sowie z.B. ventrikuläre Tachykardie / Hyperkaliämie, Pericarditis, DIC, Versagen von Nieren und anderen Organen (bis hin zum MODS), Sekundärinfektionen, Sepsis.
Komplikationen sind vermehrt bei älteren Patienten mit chronischen Komorbiditäten beschrieben, wie z.B. chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Lungenvorerkrankungen, Hypertension, Malignomen und/oder Immundefizienz.
Letalitätsrate von etwa 36% beschrieben, bei hoher Schwankungsbreite (etwa 12-65%).

Risikogruppen für eine Infektion umfassen enge Kontaktpersonen von Erkrankten (inkl. medizinisches Personal, Familie), sowie Personen mit engem Kontakt zu Dromedaren.

Bei klinischem Verdacht bzw. positivem Labornachweis bei asymptomatischen Personen, Kontaktisolation (bis min. zwei ≥24h aufeinanderfolgende negative Labortests vorliegen). Monitoring und follow-up Überwachung, sowie aktive Suche und Screening von Kontakten Infizierter und Erkrankter.

Therapieoptionen:

Symptomatische Behandlung (inkl. Behandlung von Vorerkrankungen, Oxygenierung/Ventilation, intensivmedizinische Betreuung). Eine spezifische Therapie ist nicht verfügbar.
Medikamentöse Therapieversuche mit geringem Benefit sind beschrieben, z.B. mit Immunoglobuline, Interferon ± Protease-Inhibitor (Lopinavir, Ritonavir), Ribavirin.
Ggf. antimikrobielle Prophylaxe bakterieller Sekundärinfektionen.
Isolation von Patienten, möglichst mit Unterdruck (AII).
Tragen von Schutzkleidung (PPE; inkl. Handschuhe, Kittel, Kopfschutz inkl. Augen, Haare, Mund; möglichst FFP2 / N95 Respirator).
Strikte Einhaltung und Überwachung von Infektionskontroll-Maßnahmen, „airborne precautions“ beim Handling von Patienten.

Epidemiologie und bes. Merkmale:

Gesicherte Daten bezüglich Reservoir, Verbreitung und Infektiosität liegen bisher nicht vor.

Die bisherigen Ausbrüche sind direkt oder indirekt mit der Region des Mittleren Ostens / Arabiens verbunden. Die Mehrzahl der Fälle wurden aus Saudi-Arabien und den UAE berichtet.
> Serologischer Nachweis bei Dromedaren auch in anderen Regionen beschrieben.
> Risiko nosocomialer Ausbreitung (u.a. in Folge verzögerter Diagnose und Isolation, nicht-Einhaltung von Hygienestandards).
> Von 2012-2017 wurden von der WHO offiziell 2.229 laborbestätigte Infektionsfälle berichtet, zu 83% aus Saudi Arabien.

Infektiosität: In Endemiegebieten vermutlich primär zoonotische Infektion, bei importierten Ausbrüchen vornehmlich nosocomial. Erhöhtes Verbreitungsrisiko über Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäuser. Eine Übertragung Mensch-Mensch ist bei engem Kontakt beschrieben. Mögliche Virusausscheidung ab wenige Tage vor bis zu mehrere Wochen nach einer Symptomatik beschrieben. Geschätzte R0 etwa 0.5-0.7, bei hoher Unsicherheit.

Als wahrscheinliches natürliches Reservoir werden Dromedare vermutet, bei jedoch noch offenen Fragen.
Bei Dromedaren verläuft die Infektion oft asymptomatisch oder mit unspezifischer und milder Symptomatik von Erkrankungen der oberen Atemwege.
Auftreten meist bei Jungtieren <2a beschrieben, mit transienter Virusexkretion. Viren wurden in diversen Sekreten nachgewiesen (u.a Nasensekret, Faeces, Milch, Urin).
In Endemiegebieten sind bis zu 95% der adulten Dromedar-Population als seropositiv beschrieben.
Weitere mögliche Wirte umfassen z.B. Alpakas (Vicugna pacos), Schweine.

Serologische Untersuchungen konnten MERS-Viren rückwirkend bis mindestens in die 1980er Jahre in Dromedar-Populationen nachweisen. Phylogenetische Analysen von Virusgenomen zeigen eine etwa 99%ige Homologie, was auf einen gemeinsamen Vorfahren in jüngster Zeit hindeutet. Es besteht eine enge genetische Verwandtschaft zu Coronaviren (z.B. HKU4, HKU5) in Fledertieren (z.B. Pipistrellus spp., Tylonycteris spp., Nycteris spp.), welche vermutlich das ursprüngliche natürliche Reservoir darstellen.

Eine Affinität des Virus zu non-ziliärem Bronchialepithel und eine hohe Immunresistenz sind beschrieben.
Zellulärer Rezeptor des viralen Proteins S ist DPP4 (Dipeptidyl-Peptidase 4 / CD26).

Primärquellen:

Hier die zugehörigen MeSH-Identifikatoren:
D018352 (Coronavirus Infections), D017934 (Coronavirus)



(Erstellt: 14.01.2020 - tho)

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